Hermann Ungar

[Piranesi]

Nichts heißt: unendlich leeres schwarzes Grauen.
- Hermann Ungar, "Heilanstalt" (1919).

Nothing means: infinite empty black horror.
- from Isabel F. Coles translation, "Sanatorium," in Boys & Murderers (Twisted Spoon Press, 2006).

[Piranesi]

From the first two paragraphs of ”Geschichte eines Mordes” (1920):

Ich weiß nicht, ob meine Abneigung gegen bucklige Menschen die Folge meiner tiefen Abneigung gegen den buckligen Friseur in unserer Stadt gewesen ist oder ob, umgekehrt, meine ursprüngliche Abneigung gegen Verwachsene sich in diesem Menschen bestätigt hat. Mir will scheinen, daß ich von jeher einen unüberwindlichen Widerwillen gegen alles von Gott mit Höcker, Geschwür, Aussatz, Flechten und ähnlichem Makel Gezeichnete empfunden habe, ja, im Grunde sogar gegen alles Schwache und Zarte, selbst gegen Tiere, soweit sie eben von Natur aus nicht mit Stärke und Kraft versehen waren.

Nach diesem könnte man annehmen, daß ich selbst immer ein kräftiger und gesundheitsstrotzender Mensch gewesen bin. Ich möchte nun gleich erklären, daß gerade das Gegenteil davon wahr ist. Ich war so schwächlich, daß ich aus der Kadettenschule, in die ich durch Inanspruchnahme aller Beziehungen meines Vaters endlich aufgenommen wurde, bereits nach etwa einem halben Jahre ausscheiden mußte. Ich war immer klein, mager, schmal, mein Gesicht war stets bleich wie Wachs, meine Schultern waren so hoch, daß ich den Eindruck leichter Verwachsenheit hervorrufen konnte, um die Augen hatte ich stets dunkelblaue Ringe, meine Gelenke und meine Knochen waren immer und sind noch heute zart. Wundert man sich, daß ich trotzdem alles Schwache haßte? Ist es nicht vielmehr wahr, daß man nichts so aus der Tiefe seines Herzens hassen kann und verachten als sich selbst oder sein Spiegelbild?

Translated into English by Isabel F. Cole as ”Story of a Murder”:

I do not know whether my aversion to hunchbacks arose from my deep aversion to the hunchbacked barber in our town or whether it was the other way around, that this man confirmed my original aversion to cripples. It seems to me that I have always felt an insurmountable loathing toward all whom God has marked with humps, leprosy, eruptions and other such defects, indeed toward all tings weak and frail, even toward animals, at least those not naturally furnished with vigor and strength.

From this one might suppose that I myself have always been a vigorous man bursting with health. Let me make it clear at the outset that just the opposite is true. I was so sickly that once I finally gained entrance to military school, by calling upon all my father’s connections, I had to leave only half a year later. All my life I was short, slight, scrawny, my face was always pale as wax, my shoulders so high that I gave the impression of slight deformity. I had perpetual dark rings around my eyes, my joints and bones were fragile, and are to this day. Is it surprising that I hated all weak things just the same? Isn’t it true, in fact, that there is nothing one can hate and despise so wholeheartedly as oneself or one’s reflection?